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Psychisch krank und arbeitsunfähig - Ratgeber Krankengeld

Psychisch krank und arbeitsunfähig – Ratgeber Krankengeld

Wird man psychisch krank, ist man nicht selten für längere Zeit oder wiederholt arbeitsunfähig. Wer zahlt dann Entgeltersatzleistungen, wie z.B. Krankengeld, und für wie lange?

Lasst ihr euch wegen psychischen Problemen stationär behandeln ist eine Sache in der Regel klar: Das wird auf jeden Fall ein paar Wochen dauern…
In dieser Zeit seid ihr normalerweise arbeitsunfähig krank geschrieben. Die meisten wissen, dass der Arbeitgeber bei Krankheit bis zu 6 Wochen das Gehalt weiter zahlt. Doch was passiert danach?

Francisco de Goya
Quelle: Von Francisco de GoyaUnbekannt, Gemeinfrei, Link

Menschen fallen aufgrund psychischer Beschwerden nicht selten über Monate aus, da Folgebehandlungen, wie teilstationäre Aufenthalte oder Reha-Maßnahmen notwendig sind.

Ratgeber Entgeltersatzleistungen: Krankengeld

In meiner Ratgeber-Reihe “Entgeltersatzleistungen” will ich euch einen Überblick über wichtige Sozialleistungen verschaffen. Diese können euch finanziell “puffern”, wenn ihr wegen einer psychischen Erkrankung lange arbeitsunfähig seid.
In diesem Beitrag geht es im Speziellen um die Entgeltersatzleistung “Krankengeld”. Dazu beantworte ich die typischen “W-Fragen”, um euch einen schnellen Überblick zu verschaffen:

  • Was genau ist die Leistung / welche Stelle ist dafür zuständig?
  • Wer kann sie beantragen (und wer nicht)?
  • Wo muss man sie beantragen / Welche Fristen gibt es?
  • Wie viel Geld bekommt man?
  • Wie lange wird gezahlt?
  • Was passiert danach?

Abschließend erhaltet ihr meine persönlichen Tipps: Ich beschreibe euch, worauf ihr besonders achten solltet und welche Besonderheiten es evtl. im Bezug auf psychische Erkrankungen gibt. Weiter geht es aber erst einmal mit den Grundlagen.

1) Was ist Krankengeld und wer ist dafür zuständig?

Krankengeld ist eine Sozialleistung der gesetzlichen Krankenkassen, die erst durch das deutsche Gesundheitssystem mit Sozialversicherungspflicht ermöglicht wird. In anderen Ländern, wie z.B. den USA, gibt es derartige Sozialleistungen nicht.

Bei längerer Arbeitsunfähigkeit erhaltet ihr diese Entgeltersatzleistung von eurer gesetzlichen Krankenkasse (z.B. Techniker Krankenkasse) als Ersatz für euer monatliches Arbeitsentgelt.

AU-Bescheinigung
Quelle: https://flic.kr/p/CX9a5G

Wer bekommt Krankengeld?

Um Krankengeld erhalten zu können, müsst ihr arbeiten und gesetzlich versichert sein, in der Regel als pflichtversicherter Arbeitnehmer (z.B. Angestellter).
Schüler, Studenten, Rentner & Arbeitslose haben in der Regel keinen Anspruch auf Krankengeld (Es gibt Ausnahmen).

Wie beantragt man Krankengeld?

Krankengeld zahlt euch eure gesetzliche Krankenkasse automatisch nach Ende der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch euren Arbeitgeber, also wenn ihr länger als 6 Wochen am Stück arbeitsunfähig seid.
Kommt es dazu, erhaltet ihr ein entsprechendes Schreiben von eurer Krankenkasse.

Wie viel Geld bekommt man?

Nach meiner Erfahrung etwa 3/4 des letzten Netto-Gehalts. Den genauen Betrag kann man sich z.B. hier (TK) berechnen lassen. Maßgeblich ist das Jahresentgelt, was z.B. Weihnachtsgeld mit einschließt. Daraus wird ein Tagessatz errechnet, den ihr pro Kalendertag erhaltet, so lange ihr weiter arbeitsunfähig seid.

Wie lange wird gezahlt?

Krankengeld wird für maximal 72 Wochen (18 Monate) aufgrund der gleichen Erkrankung gezahlt.

Es gilt dabei eine sog. Blockfrist von 3 Jahren. Diese beginnt mit der ersten Auszahlung von Krankengeld aufgrund der Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat.
Erst nach Ablauf der 3 Jahre kann für die gleiche Diagnose wieder erneut Krankengeld gezahlt werden (hierzu gelten weitere Bedingungen. Diese könnt ihr hier (TK) nachschlagen).
Wichtig: Dabei ist es unerheblich, ob ihr zwischenzeitlich wieder gearbeitet habt. Die Bezugszeiten werden innerhalb der Blockfrist aufaddiert.

Was passiert nach den 72 Wochen?

Solltet ihr binnen der 72 Wochen nicht wieder erwerbsfähig sein, wird die Krankenkasse euch “aussteuern”. Das bedeutet, ihr habt den Anspruch auf Krankengeld ausgereizt und die Zahlung wird seitens der Krankenkasse eingestellt.

Ihr müsst euch nun beim Arbeitsamt melden, um weitere Sozialleistungen, wie z.B. Sozialhilfe beziehen zu können. Seid ihr weiter arbeitsunfähig, wird das Arbeitsamt eine amtsärztliche Untersuchung einleiten, um eure Erwerbsfähigkeit abschließend zu beurteilen. Ist diese nach wie vor nicht gegeben, müsst ihr einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der zuständigen Rentenversicherung stellen.

2) Meine Tipps zum Krankengeld: Das solltet ihr beachten

Es gibt Besonderheiten und Fallstricke beim Bezug von Krankengeld, die ich aus eigener Erfahrung mit euch teilen möchte. Damit könnt ihr Chaos durch Planung vorbeugen und finanzielle Engpässe vermeiden.

Krankengeld wird nicht monatlich, sondern rückwirkend nach AU-Periode gezahlt

Ihr erhaltet Krankengeld nicht monatlich, wie euer Gehalt – Es wird immer rückwirkend für den Zeitraum ausgezahlt, in dem ihr nachweislich arbeitsunfähig wart. Dieser Zeitraum wird durch die Bescheinigungen bestimmt, die euch eure Arbeitsunfähigkeit attestieren. Maßgeblich ist das Feststellungsdatum der AU-Bescheinigung durch den Arzt bzw. das Ausstellungsdatum einer Aufenthaltsbescheinigung in einer Klinik. Euch wird von der Krankenkasse dann der Zeitraum zwischen diesem und letzten Feststellungsdatum erstattet (X Tage * Tagessatz).
Man muss bzgl. der Geldeingänge also umdenken bzw. umplanen. Anderenfalls kann es passieren, dass man zu Monatsbeginn plötzlich nicht genug Geld auf dem Konto hat, um die monatlichen Abbuchungen samt Miete zu decken.

Beispiel:
Peter ist seit dem 01.03.2018 arbeitsunfähig krank geschrieben. Nach 6 Wochen endet die Lohnfortzahlung durch seinen Arbeitgeber. Seit dem 13.04.2018 erhält er deshalb Krankengeld von seiner Krankenkasse. Diese zahlt ihm einen Tagessatz von 40 EUR.
Er geht am 26.04.2018 erneut zum Arzt. Dieser schreibt in weitere 4 Wochen arbeitsunfähig. Peter reicht die AU-Bescheinigung seines Arztes bei seiner Krankenkasse ein.
Peter erhält von seiner Krankenkasse wenige Tage später eine Krankengeldzahlung rückwirkend über den Zeitraum vom 13.04. – 26.04.2018 (14 Tage x 40 EUR = 560 EUR).

Sorgt immer für eine 100% lückenlos bescheinigte Arbeitsunfähigkeit!

Krankengeld wird nur weiter bezahlt, so lange eure Arbeitsunfähigkeit zu 100% lückenlos bescheinigt ist und bleibt. Geht ihr zu spät (also nach AU-Ende der letzten AU-Bescheinigung) zum Arzt, entsteht eine zeitliche Lücke, in der ihr nicht nachweislich arbeitsunfähig wart. Dafür reicht auch schon ein einziger Tag!
In diesem Fall stoppt die Krankenkasse i.d.R. sofort die Krankengeldzahlung und ihr steht im schlimmsten Fall erst einmal ohne Geld da!

Wenn ihr so eine nicht bescheinigte zeitliche Lücke entstehen lasst, seid ihr in der Bringschuld. Ihr müsst eurer Krankenkasse nachweisen, dass ihr auch in diesem Zeitraum bescheinigt arbeitsunfähig wart. Dafür muss euer Arzt in der Regel die AU-Bescheinigung rückdatieren, was nicht immer so einfach ist. Erst, wenn alles lückenlos bescheinigt ist, nimmt die Krankenkasse die Zahlung wieder auf.

Daher mein Rat: Den Termin “Ende AU” mit Erinnerung im Kalender notieren bzw. speichern und rechtzeitig zum Arzt gehen.
Die Folge-AU muss spätestens am Tag, an dem die aktuelle AU endet (Feld “Voraussichtlich AU bis einschließlich oder letzter Tag der AU”) ausgestellt werden!
Wenn mal das Kreuz “Krankengeldfall” auf der Folge-AU-Bescheinigung fehlt, ist das nicht so dramatisch. Wichtig ist immer, dass die AU lückenlos ist!

Vereinfachte Bedingungen & Teilzahlungen während Klinik-Behandlung

Wenn ihr euch stationär oder teilstationär in Behandlung in einer (Tages-)Klinik befindet (NICHT in einer Reha-Maßnahme), seid ihr während eures Aufenthalts bis zur Entlassung mehr oder weniger “safe”. Die Krankenkasse ist als Kostenträger über eure derzeitige Behandlung informiert und euer AU-Status ist für deren Dauer quasi vorgemerkt.

Shut up and take my money
Quelle: https://flic.kr/p/eshzdj

Mein Tipp: Wenn ihr eine Krankengeldzahlung während der Klinikbehandlung benötigt, könnt ihr euch eine Aufenthaltsbescheinigung vom Pflegepersonal ausstellen lassen. Schickt diese dann wie eine AU-Bescheinigung an eure Krankenkasse. Die Krankenkasse akzeptiert das normalerweise und zahlt bis zum Ausstellungsdatum rückwirkend das Krankengeld.

Reha-Maßnahmen verlängern nicht den Krankengeldbezug

Solltet ihr im Rahmen eurer Arbeitsunfähigkeit eine Reha-Maßnahme absolvieren, ist für deren Dauer die Rentenversicherung für euch zuständig und zahlt euch “Übergangsgeld”. Diese Entgeltersatzleistung ist quasi das Pendant zum Krankengeld von der Rentenversicherung. Zeiträume, in denen ihr Übergangsgeld erhaltet, pausieren allerdings nicht den Bemessungszeitraum für das Krankengeld. D.h., der Zeitraum für den Krankengeldbezug verlängert sich dadurch nicht.

Solltet ihr nach der Reha-Maßnahme arbeitsunfähig entlassen werden, ist die Krankenkasse wieder für euch zuständig und die Krankengeldzahlung wird fortgesetzt.
Achtung: Solltet ihr während der Reha-Maßnahme den Zeitraum für den Krankengeldbezug überschreiten, gibt es nach Ende der Reha kein Geld mehr von der Krankenkasse, auch wenn arbeitsunfähig aus der Reha entlassen werdet bzw. danach weiterhin krankgeschrieben seid! Kümmert euch daher schon während der Reha um evtl. notwendige Folgetermine bei der Arbeitsagentur. Die Sozialarbeiter der Reha-Einrichtung unterstützen euch dabei.

Psychische Erkrankungen und die Blockfrist (wieder zahlen von Krankengeld)

Wenn ihr im Rahmen eurer psychischen Erkrankung mehrere Diagnosen erhalten und damit den Krankengeldanspruch aufgebraucht habt, wird es schwer, dafür später erneut Krankengeld zu erhalten.
Die Krankenkasse nimmt nämlich den Komplex aus Diagnosen als Grundlage an. Welche Erkrankung im Vordergrund steht spielt für die Krankenkasse eher eine untergeordnete Rolle.

Solltet ihr nach Ablauf der Blockfrist wieder aufgrund der gleichen Diagnosen erkranken und nicht alle Voraussetzungen erfüllen (z.B. mind. 6 Monate erwerbsfähig gewesen), stehen die Chancen schlecht, dafür erneut einen Anspruch auf Krankengeld zu erhalten – auch wenn dieses mal eine andere Erkrankung aus diesem Komplex im Vordergrund stehen sollte.

Anders sieht es aus, wenn eine neue primäre psychische Erkrankung diagnostiziert wird, die dann auch als Grund für die Arbeitsunfähigkeit herangezogen wird. Dann stehen die Chancen besser, wieder Krankengeld beziehen zu können.

Beispiel:
Peter ist arbeitsunfähig weil bei ihm eine schwere Depression und eine Sozialphobie vorliegen. Die schwere Depression steht im Vordergrund und wird als Diagnose F33.2 für die Arbeitsunfähigkeit in den AU-Bescheinigungen vermerkt. Peter ist über 12 Monate krank, bis er wieder arbeiten gehen kann.
Nach 3 Monaten wird er wieder arbeitsunfähig, weil er durch seine Sozialphobie die Arbeit nicht mehr ausüben kann. Nun wird die Diagnose F40.1 als Grund für die Arbeitsunfähigkeit herangezogen. Eine Depression liegt zwar ebenfalls vor, allerdings mit mittelgradiger Episode (F33.1).
Schließlich fällt Peter wieder in den Krankengeldbezug. Für die Krankenkasse ergibt sich jedoch das gleiche Krankheitsbild, weshalb sie Peter nur den verbliebenen Restanspruch auf Krankengeld von ca. 6 Monaten gewährt.

Fazit

Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Ratgeber die wesentlichen Fakten zum Krankengeld näher bringen und mit meinen Ratschlägen die Besonderheiten hinsichtlich psychischer Erkrankungen aufzeigen.


Disclaimer: Dieser Beitrag wurde von mir als Privatperson auf Grundlage persönlicher Erfahrungen und Recherchen verfasst. Ich bin kein Fachmann im Bereich Sozialleistungen. Ich übernehme daher keine Gewähr oder Haftung für die Richtigkeit meiner Angaben. Wendet euch bei konkreten Fragen zu eurem Anspruch auf Krankengeld deshalb bitte immer an eure zuständige Krankenkasse.


Community-Time!
Welche positiven oder negativen Erfahrungen habt ihr bereits zum Thema Krankengeld bei psychischen Erkrankungen gesammelt? Schreibt es mir in die Kommentare, ich freue mich auf euer Feedback!

3 Kommentare zu “Psychisch krank und arbeitsunfähig – Ratgeber Krankengeld

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