Drei subtile Verhaltensmuster, die dich überraschend als Borderliner outen könnten
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Informationen zum Thema Borderline-Persönlichkeitsstörung
Falls du dir vorab einen allgemeinen Überblick zum Krankheitsbild “Emotional instabile bzw. Borderline-Persönlichkeitsstörung” verschaffen möchtest, kann ich dir die Beschreibung von Psychiatrienetz empfehlen.
Nr. 1 – Ein Hobby macht dir plötzlich keinen Spaß mehr
Ich erlebe das oft folgendermaßen: Ich bin gedanklich bei meinem Hobby, z.B. bei einem Videospiel, das ich total feiere. In meinen Gedanken fühlt es sich auch noch gut und stimmig an. Die Realität macht mir bei der Ausführung dann aber einen Strich durch die Rechnung: Es macht mir auf einmal keinen Spaß mehr und ich ärgere mich darüber!
Es ist, als ob die Leidenschaft plötzlich abgestorben oder blockiert ist. Dinge, die man eigentlich mag, erscheinen dann langweilig, umständlich oder anstrengend. Man wird nicht mehr gepackt, verliert das Interesse und schließlich die Motivation weiterzumachen. Ich habe mir jedenfalls schon oft die Frage “Warum zum Teufel macht mir das plötzlich keinen Spaß mehr!?” gestellt.

Die bereits erwähnte starke Diskrepanz zwischen Vorstellung und Umsetzung erscheint mir dabei als besonders relevant.
In meiner Vorstellung macht es mir Freude. Die Realität sieht das leider anders…
Mein Erklärungsmodell aus Borderline-Sicht
Wenn ich also nach einer Stimmungsschwankung innerlich angespannt bin und z.B. mehr depersonalisiere/derealisiere, fühlt sich meine Wahrnehmung insgesamt verändert an. Meine bereits gesammelten Assoziationen (in diesem Kontext mit angenehmen Dingen) bleiben hingegen unverändert und stimmig.
So erkläre ich es mir jedenfalls, warum ich manchmal auf das gleiche Videospiel total Bock habe und mich kaum davon lösen kann, um dann eine Woche später festzustellen, dass es mir plötzlich gar keinen Spaß mehr macht.
In der Zwischenzeit muss ein Ereignis unbewusst dafür gesorgt haben, dass sich meine Wahrnehmung verändert hat. Dadurch fühlt sich auch der Umgang mit dem Spiel plötzlich ungewohnt und fremd an. Ich finde den Zugang dazu nicht mehr, den ich zuvor noch hatte. Es bleibt nur die Erinnerung, dass es mir eigentlich Spaß macht…
Nr. 2 – Nach einem spontanen Konflikt musst du die Situation in Gedanken immer wieder durchspielen
…wahrscheinlich ärgerst du dich dann darüber, dass du nicht besser oder selbstbewusster reagiert hast. Typische Gedanken sind z.B. “Hätte ich nur dies oder jenes gesagt!”, “Warum ist mir dies oder jenes nicht als Argument eingefallen?” oder “Jetzt redet die Person bestimmt schlecht über mich!”.
Am Schlimmsten finde ich die Art Konflikte, die dich quasi “mit heruntergelassenen Hosen” erwischen. Manche sagen dazu auch “dumm von der Seite angemacht werden”. Man ist nicht darauf vorbereitet und wird plötzlich von jemandem heftig wegen irgendwas kritisiert. Die Kritik beruht meist auf Missverständnissen oder Unwissen. Ohne den passenden Kontext fällt es einem dann schwer, angemessen auf die Kritik zu reagieren. Wenn man danach Zeit zum Nachdenken hat, fallen einem natürlich immer bessere Argumente ein…
Erklärungsmodell aus Borderline-Sicht
Das gedankliche “Nochmal-Durchspielen” von Konfliktsituationen an sich ist normal und kennt wahrscheinlich jeder.
Borderliner erleben dies aber mit viel stärkerer emotionaler Gewalt, sind in ihren Überlegungen negativistischer (schwarz/weiß Sicht) und neigen, zumindest in meinem Fall, zu zwanghafter Wiederholung. Oft drängen sich derartige Gedanken dann von selbst auf und suchen einen quasi heim. Man muss dann aktiv entgegenwirken (z.B. durch einen “Grübelstopp”), um nicht darüber nachzudenken.
So kann diese Verhaltensweise bei Borderlinern zu starkem und wiederholtem Stress führen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: War der Konflikt schlimm genug, reicht das durchaus für eine ernste Krise, die einen tage- oder sogar wochenlang immer wieder heimsucht.
Nr. 3 – Bestimmte Filmszenen oder Musikstücke lassen dich binnen Sekunden in Tränen ausbrechen, obwohl du sonst nie weinst
Vorab je ein persönliches Beispiel dazu:
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich sofort an die Szene aus dem Film “Interstellar”, als die Crew durch die Landung auf dem ersten Planeten wegen der gravitationsbedingten Zeitdilatation 23 Jahre verliert. Cooper sieht anschließend in seinen Video-Nachrichten quasi das Leben seiner Kinder an sich vorbeiziehen (und dazu diese vor Melancholie strotzende Musik). Ich war davon so heftig berührt, dass ich in Tränen ausbrach und das Gefühl hatte, ich durchlebe diesen emotionalen Schmerz gerade selbst.
I had a dream
I got everything I wanted
But when I wake up, I see
You with meAnd you say, “As long as I’m here
No one can hurt you
Vielleicht sollte ich dazu noch ergänzen, dass ich mich gewöhnlich als sehr emotional gehemmt wahrnehme. Damit ich mal in Tränen ausbreche, braucht es normalerweise schon einen handfesten Nervenzusammenbruch – Graustufen? Fehlanzeige!
Mein Erklärungsmodell aus Borderline-Sicht
Gesunde Menschen sind mit diesem Mechanismus vertraut und verwenden ihn als Bewältigungsstrategie, z.B. um Trauer zu verarbeiten. Für sie ist es deshalb keine besondere Sache.
Bei einem Film oder einem Musikstück funktioniert das meiner Meinung nach jedoch, weil ich hier als Beobachter eine schützende Distanz zur vermittelten Emotion habe. Mein “emotionaler Kanal” ist deshalb nicht blockiert und ich erhalte über mein Mitgefühl einen gesunden Zugriff darauf.
Community Time!
Konntet ihr ein oder mehrere Verhaltensmuster bei euch wiedererkennen?
Fallen euch andere besondere Eigenschaften ein, die typisch für Borderline sind?
Schreibt es mir gerne in die Kommentare. Ich freue mich auf euer Feedback!